Komplexität ist als Wort in Mode gekommen. Aber es gibt keine einheitliche Definition. Noch nicht. Es wird sie vielleicht niemals geben. Denn jeder meint etwas mit „Komplexität“. Aber Komplexität ist immer mehr.
Umgangssprachlich machen Menschen noch kaum einen Unterschied zwischen „kompliziert“ und „komplex“; dabei ist das nicht dasselbe. Kompliziertes kann man auseinander nehmen, erklären, analysieren; z. B. eine Kuckucksuhr. Komplexes geht in dem Moment verloren, in dem man versucht, es in seine Bestandteile aufzulösen; z. B. der Stoffwechsel eines Elefanten. Nur im Zusammenwirken seiner Bestandteile ist das Ganze erkennbar.
Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.
Aristoteles
Wie alles sich zum Ganzen webt, eins in dem andern wirkt und lebt.
Goethe
In den Wissenschaften wird Komplexität als Begriff seit Jahren verstärkt benutzt. Die Wissenschaftler bezeichnen mit diesem Begriff Sachverhalte aus ihrer jeweiligen Disziplin, ohne dass durch den Begriff zunächst fachübergreifende Gemeinsamkeiten hergestellt würden. In der Informatik z. B. werden aufwändige Berechnungsaufgaben danach bewertet, wie komplex sie sind – also wie viel Zeit, Energie und Maschinenleistung aufgewendet werden muss, um eine Aufgabe zu lösen.
In der Industrie kennt man das „Komplexitätsmanagement“ als den Ansatz, die ausufernden Anforderungen durch immer individuellere und variantenreichere Produkte in den Griff zu bekommen.
Im Bereich von Führung und Management kommt der Begriff der Komplexität gerade recht, als mit ihm die Undurchschaubarkeit der Sachverhalte, die mannigfaltig durcheinandergreifenden, ja chaotischen Verhältnisse in der globalisierten und deregulierten Wirtschaft am Übergang zum nachindustriellen Zeitalter benannt werden können. Komplexität ist aber mehr. Es ist ein Grundphänomen unserer Welt, so wie Schwerkraft oder Elektrizität. Dabei haben wir Menschen gerade erst begonnen, zu erkennen, zu verstehen, zu lernen, was Komplexität ist und was sie für uns bedeutet.
Wir versuchen jeden Tag, Entwicklungen in eine Richtung zu zwingen, gegen Komplexität anzukämpfen, mit unseren begrenzten geistigen und technologischen Mitteln die Welt um uns zu kontrollieren. Wir leiden unter der Komplexität, weil wir sie noch nicht verstanden haben und jeden Tag gegen sie handeln.